Genau genommen könnte man diese Frage mit einem Nein beantworten und der Artikel wäre fertig. Aber diese Vorgehensweise wäre weder professionell, noch erklärt sie die Hintergründe warum und weshalb.Der Grund, warum ich mich überhaupt entschlossen habe diesen kleinen Artikel zu schreiben, hängt mit folgender kleinen Geschichte zusammen. Anlässlich eines Trauerfalls in der Familie schickte ich eine Beileidskarte. Darin enthalten nicht nur die allgemein üblichen Floskeln, sondern letztendlich soviel Text, dass es ein kurzer Brief wurde. Sehr zu meiner Freude bekam ich einen handgeschriebenen Brief als Rückantwort. Da ich mich nicht lumpen lassen wollte, machte ich mich auf die Suche nach passendem Briefpapier. Im Schreibwarengeschäft meines Vertrauens wurde ich schließlich fündig. Der Blick der Geschäftsinhaberin sprach Bände. Nachdem Sie mich kurz gemustert hatte, legte sie den Kopf leicht schief und sagte: „Es gibt also tatsächlich noch Menschen, die Briefe schreiben?!“ Ich nickte, bezahlte und machte mich auf den Weg nach Hause. Eigentlich war an ihrem Kommentar nichts Besonderes. Doch das, was sie gesagt hatte, ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Aus geweckter Neugier hörte ich mich einfach mal in meinem direkten Umfeld um. Das Ergebnis war erschreckend. Außer einer älteren Dame (Mitte 70) und mir gab es tatsächlich niemanden, der noch Briefe per Hand schrieb. Die meisten gaben an, elektronische Briefe zu schreiben ginge doch viel schneller. Außerdem müsste man nicht so lange auf eine Antwort warten.
Jugendliche bedachten mich im ersten Moment mit einem Blick, als ob sie überlegen würden, ob ich nicht vielleicht doch von einem anderen Stern wäre. Ich wüsste doch bestimmt, was eine SMS (für eventuelle Nichtkenner der Materie: eine SMS ist eine Kurzmitteilung, die von Handy zu Handy geschickt wird) sei und der (relativ) neueste Clou wäre “WhatsApp“ (funktioniert ähnlich wie SMS, nur über Internet).
Irgendwie machte mich das, was ich hörte, traurig. Ich erinnerte mich an die Zeit meiner Ausbildung. Ca. 1000 km von zu Hause weg, saß ich abends oft am Schreibtisch und schrieb Briefe. An Großeltern, Eltern, Freunde. Briefumschläge wurden zum Teil selbst gebastelt (bis meine Mutter sich nach dem dritten Strafporto beschwerte, weil wieder einmal die Briefmarke nicht gehalten hatte). Dann rannte ich jeden Tag zu meinem Postfach, um zu schauen, ob schon eine Rückantwort gekommen war. Und jetzt kommt´ s. Ich war nicht die Einzige! Von 40 Studienkolleginnen schrieben eigentlich nur diejenigen keine Briefe, die sowieso jedes Wochenende nach Hause fuhren. Während des Schreibens der letzten Zeilen schoss mir ein leicht provokanter Gedanke durch den Kopf. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang zwischen dem Aussterben der Briefeschreiber und dem prozentualen Anstieg der Analphabeten? Wer weiß.
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